Ich durfte am 16. Oktober 2025 im Tageszentrum Anton Benya der Wiener Sozialdienste einen Vortrag mit dem Titel „Kaffee, Kuchen und KI – so können wir Künstliche Intelligenz im Alltag nutzen“ halten. Der Vortrag richtete sich an Senioren, die verstehen wollten, wie ChatGPT ihren Alltag erleichtern kann.
Der Andrang war groß – so groß, dass einige Interessierte sogar auf eine Warteliste gesetzt werden mussten. Das zeigt, wie stark das Interesse an Künstlicher Intelligenz ist.
Der Vortrag fand im Rahmen des Seniorenmonats Wien des Fond Soziales Wien statt, der seit 2011 jährlich im Oktober stattfindet und ein vielfältiges Programm für ältere WienerInnen bietet.
Das gesamte Programm zum Seniorenmonat 2025 ist hier zu finden:
👉 Programmheft Monat der Senior:innen 2025 (PDF)
Ich durfte Teil des Seniorenmonats 2025 sein und im Tageszentrum Anton Benya einen Vortrag halten.
Positive Beispiele KI in der Arbeitswelt
Der Vortrag war in zwei Teile gegliedert: eine Stunde Input und anschließend eine 30-minütige Diskussion. Eine Stunde ist nicht viel Zeit – deshalb musste ein bisschen von allem Platz finden: von der Frage, warum Künstliche Intelligenz mehr ist als nur ChatGPT, bis hin zu positiven Einsatzgebieten in der Arbeitswelt.
Mir gefällt ja immer das Beispiel des Einsatzes von Drohnen zur Rehkitzrettung. Mithilfe von Wärmebildkameras können Rehkitze in Feldern aufgespürt werden, bevor die Wiesen gemäht werden.
Beim Publikum weckte jedoch vor allem der medizinische Bereich großes Interesse. Dort kann KI den Menschen unterstützen, etwa durch das Analysieren von Datensätzen aus tausenden Mammografie-Aufnahmen, um Brustkrebs früher zu erkennen.
Das Thema Medizin ist für die Zielgruppe natürlich besonders relevant – schließlich ist es in diesem Alter wahrscheinlicher, mit Krankheiten oder Therapieplänen konfrontiert zu sein. Ein Beitrag aus dem Publikum griff das Thema Fehldiagnosen auf – mit der Erkenntnis, dass KI den Menschen unterstützen und so möglicherweise Fehldiagnosen verringern kann.
Wie Senioren ChatGPT nutzen können
Wichtig ist, bei der Zielgruppe anzuknüpfen – nicht alle Funktionen von ChatGPT sind für SeniorInnen relevant. Und ich kenne das auch von mir selbst: Wenn ich zu viel Neues auf einmal höre, kann ich mich am Ende an nichts erinnern.
Ich habe deswegen mit einer einfachen Fragen begonnen: „Hat wer von euch WhatsApp?“
Da war das Lachen fast schon vorprogrammiert – natürlich nutzen sie die Messenger-App.
Wer auf dem Handy tippen und Bilder hochladen kann, hat eigentlich schon alles, was es für den Einstieg in ChatGPT braucht.
Also gehe ich weiter zu Beispielen, wie sie die Funktionen von ChatGPT im Alltag nutzen können.
Ich sammle seit rund zweieinhalb Jahren eigene Cases und Fotos von KI-bezogenen Werbungen, um zu zeigen, wie generative KI im Alltag auftaucht. Aus diesem Pool habe ich nun Beispiele ausgewählt, die – aus meiner Sicht – für SeniorInnen relevant sind – zum Beispiel:
- ein Foto vom Beipackzettel machen, weil die Schrift zu klein ist, und den Text von ChatGPT transkribieren oder vorlesen lassen
- mit dem Voice-Modus von ChatGPT beim Spazierengehen plaudern, weil man muss ja schauen, wo man hintritt. Oder man will einfach nicht tippen.
- grantige E-Mails an Behörden oder die Administration in eine diplomatische Form umschreiben lassen, wenn etwas nicht bewilligt wurde
- Themen in einfacher Sprache erklären lassen, um sich schnell zu orientieren
- Programmanleitungen finden, etwa: „Wo ist bei Word die Tabellenfunktion?“
- usw.
Bei der Vorbereitung habe ich natürlich auch online nach weiteren Beispielen gesucht – in der Hoffnung, dort noch neue Ideen zu finden. Aber das meiste war viel zu generisch – und ehrlich gesagt: Wäre ich eine Pensionistin gewesen, hätte ich das auch langweilig gefunden.
Da hieß es dann etwa: „Man kann mit ChatGPT Reisen planen.“ – aha, ok. Oder: „Man kann seine Medikamente planen und sortieren.“ – mhm, würde ich eher nicht machen.
Sogar auf Amazon werden inzwischen Bücher zum Thema „ChatGPT für SeniorInnen“ verkauft – offensichtlich automatisch generiert und inhaltlich ohne wirklichen Mehrwert.
Wenn man auf Amazon nach „ChatGPT für Senioren“ sucht, findet man unzählige Bücher, die schon auf den ersten Blick generisch wirken. Da fragt man sich, was davon wirklich sinnvoll ist – und was einfach nur schnell produziert wurde, um damit Geld zu verdienen.
Grenzen von ChatGPT
Je länger ich selbst mit ChatGPT arbeite, desto mehr fallen mir dessen Grenzen auf und ich verstehe die kritische Frage im Publikum, wofür man das überhaupt braucht und ob es einen nicht einfach faul werden lässt.
Deswegen haben wir auch Beispiele besprochen, wo es offensichtlich zu Halluzinationen kommt, z. B. wie ChatGPT die österreichischen Bundeskanzler darstellt, aber auch weniger offensichtlich, wie sehr das Rezept der originalen Sachertorte aus dem Sacher-Kochbuch bei den Zutaten abweicht.
So haben wir uns dem Thema Desinformation angenähert – und wie wichtig es ist, kritisch zu hinterfragen, ob eine Quelle vertrauenswürdig ist. Da hatten einige auch Hintergrundwissen zum Thema Onlinebanking, und man muss auf die URL achten – das Thema Sicherheit ist also ebenfalls sehr relevant. Es scheint, die Älteren hinterfragen mehr als wir Jüngeren.
Einige Senior:innen meinten am Ende, sie seien froh, damit nicht mehr im Arbeitsleben konfrontiert zu sein – und konnten gleichzeitig nachvollziehen, wie komplex der Umgang mit Information in der heutigen Medienwelt geworden ist.
Quelle: Der Standard 14. August 2025,
ChatGPT und medizinische Befunde
Ein Thema, das in der Diskussion ebenfalls aufkam, war die Frage, ob man ChatGPT zur Interpretation medizinischer Befunde nutzen sollte. Natürlich ist es diskussionswürdig, ob es in Ordnung ist, einer KI medizinische Dokumente – und damit auch personenbezogene Daten – anzuvertrauen.
Ich selbst habe mir schon einmal meine Blutwerte von ChatGPT erklären lassen, einfach weil Medizin ein völlig anderes Fachgebiet ist, in dem ich mich nicht auskenne. Es ist schlicht bequemer, eine Zusammenfassung zu bekommen, anstatt jeden Begriff einzeln zu googeln und zu rätseln, was er bedeutet oder wie bestimmte Werte miteinander zusammenhängen.
Dabei achte ich allerdings darauf, keine persönlichen Daten hochzuladen – ich fotografiere zum Beispiel nur die Werte selbst, nicht aber meinen Namen oder andere Angaben. Das mache ich fürs eigene Gewissen – ob die Daten am Ende wirklich nicht doch irgendwie mit meinem Konto verknüpft sind, kann ich nicht sagen.
Am Ende bleibt ein Trade-off: Man nimmt ein gewisses Risiko in Kauf – gewinnt dafür aber Verständnis, Orientierung und Zugänglichkeit in einem komplexen Thema.
Bei meinem Vortrag zeigte ich, wie GenAI als Teilbereich von KI eingeordnet wird – und dass viele Tools heute „Kreativität“ verkaufen, während wir gleichzeitig hinterfragen müssen, wie kreativ diese Systeme tatsächlich sind.
Conclusio
Die Teilnehmenden wussten bereits erstaunlich viel über Künstliche Intelligenz – das zeigte sich vor allem in den Diskussionen über Themen wie mögliche Jobverluste, etwa im Bereich der Schauspielerei. Es war deutlich spürbar, dass sie sich bereits intensiv mit den gesellschaftlichen Folgen von KI auseinandergesetzt haben.
Was mir besonders gut gefallen hat, war die gesunde Skepsis der Senior:innen. Sie hinterfragen mehr als viele Jüngere – und genau das ist beim Umgang mit Künstlicher Intelligenz ein großer Vorteil.
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