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Derzeit absolviere ich das Hochschuldidaktik-Vertiefungsmodul an der FH St. Pölten, um mich intensiver mit meiner eigenen Lehraktivität auseinanderzusetzen. Durch generative KI, insbesondere durch das Lernwerkzeug ChatGPT, ist mein Interesse am Lernen und Lehren sehr gestiegen.

Deswegen habe ich eine Selbstbeobachtung durchgeführt, um herauszufinden, wie sich ChatGPT auf meinen persönlichen Lernprozess auswirkt. Für mein aktuelles Masterstudium Content Strategy an der FH Joanneum mussten wir im Unterrichtsfach „Digital Publishing“ einen eigenen One-Pager mit HTML und CSS in Visual Studio Code erstellen.

In diesem Blogbeitrag werde ich meine gewonnenen Erkenntnisse detailliert darlegen.

Disclaimer: Ich nutze die Bezahlversion von ChatGPT, daher sind einige der erwähnten Funktionen möglicherweise nicht zugänglich, falls Sie die kostenlose Version verwenden.

Limitation #1: Verlässlichkeit von ChatGPT Antworten

Es ist bekannt, dass ChatGPT gelegentlich Quellen angibt, die nicht existieren, was seine Zuverlässigkeit einschränkt. Insbesondere bei mathematischen Aufgaben kann ChatGPT, trotz vereinzelter beeindruckender Leistungen, an seine Grenzen kommen. Studien und Erfahrungsberichte, wie etwa im aktuellen MIT Technology Review beschrieben, belegen, dass ChatGPT selbst bei einfachen Schulmathematikaufgaben Probleme hat. Die KI-Systeme sind nicht darauf ausgerichtet, mit mehreren Variablen umzugehen, nicht-lineares Denken anzuwenden oder Informationen gedanklich zu speichern und zu manipulieren. (Ausgabe 3, 2024, S. 37)  (Bringula R, 2024)

Interessanterweise zeigen sich eigenartige Verhaltensweisen: Die Lösungsqualität mathematischer Aufgaben kann sich verbessern, wenn man ChatGPT suggeriert, es sei ein Raumschiffkommandant aus Star Trek – allerdings nur bis zu einer Anzahl von 50 Aufgaben. Bei bis zu 100 Aufgaben ist es effektiver, wenn die KI glaubt, sie befände sich in einem Politthriller. (Ausgabe 3, 2024, S. 16)

Ich glaube, dass ChatGPT für meinen speziellen Anwendungsfall eine sehr gute Hilfestellung geboten hat, da es sich Entwicklung einfacher HTML- und CSS-Codes für einen One-Page handelte. Meine Anliegen, wie zum Beispiel das Abrunden von Ecken, stellten Basic Aufgaben da, die leicht beantwortet und im Browser auch gleich auf seine Richtigkeit gepfüft werden können.

Obwohl ChatGPT das Potenzial hat, Programmierern hinsichtlich der Produktivität in der Softwareentwicklung zu unterstützen, bin ich mir nicht sicher, inwiefern mein Projekt Aufschluss darüber gibt, wie einfach es ist, mit ChatGPT eine komplette Website mit zahlreichen miteinander verlinkten Unterseiten zu programmieren.

Limitation #2: Ein fundiertes Verständnis der Materie erlangen

Um ehrlich zu sein, wäre es möglich gewesen, die Coding-Hausaufgabe in etwa 30 Minuten zu erledigen, ohne wirklich zu verstehen, was dabei genau gemacht wird. Unser Dozent machte uns auch darauf aufmerksam und setzte sein Vertrauen darauf, dass wir uns entsprechend dieser Vorgabe verhalten.

Aus meiner Sicht hängt es stark von der persönlichen Einstellung ab, ob man wirklich etwas lernen und die dahinter liegenden Zusammenhänge verstehen möchte. Für mich ist es von großer Bedeutung, Fähigkeiten zu erwerben, da es mir ein Gefühl von Autonomie gibt. ⚡️💪

Aber: Diese Hausaufgabe hat mir offenbart, dass wir als Studierende uns theoretisch nicht mit dem eigentlichen Lerninhalt auseinandersetzen mussten, um eine positive Arbeit abzugeben.

Limitation #3: Der eigene Horizont

Für mich war es ein großer Vorteil, dass ich seit Jahren mit WordPress arbeite und daher eine klare Vorstellung davon hatte, wie das Endprodukt aussehen soll. Für dieses Projekt war es also entscheidend, zu wissen, was überhaupt möglich ist.

Zusätzlich war mein Wissen über folgende Aspekte sehr hilfreich:

  • Was aktuell als State of the Art gilt.
  • Was als ästhetisch ansprechend betrachtet wird.
  • Was eine nutzerfreundliche Usability ausmacht.

 

Dieses Vorwissen trug wesentlich dazu bei, ChatGPT effektiver einzusetzen. Hätte ich diese Informationen nicht gehabt, wäre der Prozess wahrscheinlich anders verlaufen, denn wie kann eine autonome KI entscheiden, welche Lernziele wichtig sind?  (MIT Technology Review, 2024 Ausgabe 3, S 18)

Limitation #4: Die Grenzen des eigenen Fachvokabulars

Durch ChatGPT erlebte ich viele kleine Erfolgserlebnisse, die mich motivierten, immer weiterzumachen. Doch es kam der Punkt, an dem ich genau spürte: ChatGPT kann mir nicht mehr helfen, weil ich nicht mehr genau beschreiben konnte, was ich wollte. Mir fehlte das entsprechende Fachvokabular. Und eben dieses nötige Fachvokabular erlernt man nur durch mühsames Lesen und Durcharbeiten, was einem teils durch ChatGPT erspart wird.

Limitation #5: Mangel an emotionaler Unterstützung und kreativem Denken

Das Lernen mit ChatGPT schätze ich sehr, da ich die Möglichkeit habe, mehrmals nachzufragen, ohne befürchten zu müssen, einen Lehrer oder eine Lehrerin damit zu belästigen. Zudem kann ich, auch weil ich erwachsen bin, gut reflektieren und verstehen, warum ich bestimmte Inhalte nicht erfasse und an welchem Punkt ich den Anschluss verloren habe. Dies könnte für jüngere SchülerInnen eine größere Herausforderung darstellen, da sie möglicherweise nicht in der Lage sind, ChatGPT eine entsprechende Rückmeldung zu geben.

Aber ChatGPT kann mich nicht so begeistern wie DozentInnen, die mit Leidenschaft und Begeisterung über sein Fachgebiet sprechen. Das Lernen mit ChatGPT hängt meiner Meinung nach also stark von intrinsischer Motivation ab.

Zum Thema Kreativität, das finde ich nun doch zu komplex für diesen Abschnitt,  vor allem weil  Menschen sehr unterschiedliche Vorstellungen davon haben, was Kreativität ausmacht. Es handelt sich dabei um ein weitreichendes Thema, aber der Vorteil bei meiner Hausaufgabe war, dass ich für das einfache Coding keine Kreativität benötigte.

Limitation #6: Der Wert des sich Durchkämpfens

Für mich ist Lernen auch damit verbunden, an seine Grenzen zu stoßen, Frustration zu erfahren und diese Frustration zu überwinden. Es bedeutet, schwierige Situationen zu überbrücken und durchzuhalten, auch wenn es schwerfällt.

Dieser Prozess wird maßgeblich beeinflusst, denn durch ChatGPT ist sofort jemand da, der weiterhilft. Es kommt zu vielen kleinen Erfolgserlebnissen, die meiner Meinung nach dazu verleiten, immer eine Stütze im Kopf zu haben und nicht den schwierigen Weg gehen zu wollen. Das könnte langfristig dazu führen, dass man alles ablehnt, was schwierig und somit unangenehm sein könnte.

Ein Beispiel: Als ich das Höchstlimit von 40 Nachrichten innerhalb von 3 Stunden erreicht hatte und ich das Modell wechseln musste, bemerkte ich sofort, wie mein Kopf signalisierte: „Mhm, jetzt wird es mir zu anstrengend.“

Auf der anderen Seite muss ich sagen, dass ich durch ChatGPT wahrscheinlich viel länger an der Hausaufgabe gesessen habe, als ich es ohne getan hätte. Die Erfolgserlebnisse haben mich motiviert, weiterzumachen.

Screenshot ChatGPT Modellunterschied GPT-4 und GPT-3.5. "With DALL·E, browsing and analysis Limit 40 messages / 3 hours"

Conclusio

Weitere Erkenntnisse lauten wie folgt:

Zweifel an der Repräsentation der eigenen Fähigkeiten: Das Endergebnis meiner Hausaufgaben spiegelt nicht meine tatsächlichen Programmierfähigkeiten wider, da es auf der Unterstützung durch ChatGPT basiert. Deswegen ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass mit ChatGPT gearbeitet wurde, um das Vertrauen in die eigene Arbeit nicht zu untergraben.

Bevorzugung der Lernumgebung:
Ich bevorzuge das Lernen am Computer in meinem eigenen Tempo gegenüber anderen Methoden wie YouTube-Videos oder dem traditionellen Klassenunterricht.

Demokratisierung des Lernens durch ChatGPT:
ChatGPT ist ein super Lernwerkzeug, das den Einstieg erleichtert und dabei hilft, im Flow zu bleiben und Unterstützung bietet, auch für diejenigen, die sich keine Nachhilfe leisten können.

„Emotionale“ und didaktische Unterstützung:
Man kann ChatGPT sagen, dass man es auch nach dem 100. Mal nicht verstanden hat, und der Ton wird sich vermutlich nie ändern. Es bietet emotionale Unterstützung und erklärt komplexe Themen geduldig und verständlich, und das auch zum 101 Mal.

Bewusstsein über die Grenzen des durch ChatGPT erworbenen Wissens:
Ich habe bemerkt, dass mein Wissen durch die Nutzung von ChatGPT nicht so tiefgehend ist, wie es sein könnte, und dass ein traditionelles Lernen mir möglicherweise ein nachhaltigeres Verständnis geliefert hätte, im Sinne von, dass ich bestimmte Tags auswendig weiß. Andererseits habe ich durch ChatGPT mehr Zeit mit der Aufgabe verbracht, als ich wahrscheinlich ohne getan hätte, und habe nun keine Angst mehr beim Thema Coding.

 

Danke fürs Lesen. 🙂 🙋‍♀️

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Tiny

Tiny Bernhard BA ist eine österreichische Designerin und Illustratorin, spezialisiert auf generative KI in der Bildgestaltung. Sie teilt ihre Einblicke und Techniken auf ihrem Blog und lehrt an der FH St. Pölten im Department Digital Business & Innovation.

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